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Das gebrauchsbereite Mitsichführen einer Waffe nach § 30a BtMG

Sobald bei einem angeblichen Drogenbesitz eine Waffe sich in der Nähe des Tatortes befindet, entsteht der Verdacht eines bewaffneten Drogenbesitzes. Das ist besonders tragisch, weil die Mindeststrafe bei einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln im Falle des Sichverschaffens, Einführens oder Ausführens von Betäubungsmitteln  und Mitsichführens einer Schusswaffe oder sonstige Gegenstände , die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind, nicht unter fünf Jahre beträgt , § 30a Abs. 2 Nr 2 BtMG. Zwar gibt es den minder schweren Fall nach § 30a Absatz 3, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, jedoch findet leider sofort ein Automatismus in den Köpfen der Ermittlungsrichter*innen statt, bei dem aufgrund der hohen Strafandrohung der Haftgrund der Fluchtgefahr angenommen wird.

Nachfolgende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs grenzen und präzisieren die Auslegung des Merkmals des „Mitsichführens“ einer Waffe:

„Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist nicht erfüllt, wenn zwar eine Waffe in der Wohnung, in der Betäubungsmittel übergeben werden, vorhanden ist, diese aber weder am Körper getragen noch in Griffweite bereit gehalten wird. Von einem Mitsichführen i.S.d. Tatbestandes kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die Betäubungsmittel im Wohnzimmer befinden, und eine mit Gaspatronen durchgeladene Schreckschusspistole in einem geschlossenen Tresor in einen Nebenraum aufbewahrt wird, der nur durch Eingabe eines Zahlencodes geöffnet werden kann, so dass eine Gebrauchsbereitschaft der Pistole erst binnen eines Zeitraums von 30 Sekunden hergestellt werden kann“.
(BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10)

„Ein Mitsichführen iSv BtMG § 30a Abs 1 liegt dann vor, wenn der Täter die Schusswaffe bewußt gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, daß er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muß er die Waffe nicht tragen; es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Ein Vorhandensein der in einem Behältnis gelagerten Schusswaffe in einem anderen Raum erweist sich in der Regel dafür nicht als genügend.“
(BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99)

„Das Tatbestandsmerkmal der Waffe im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist erfüllt, wenn es sich um eine Schreckschusswaffe handelt, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt. Der Tatrichter muss deswegen hierzu regelmäßig besondere Feststellungen treffen, da diese technische Eigenschaft nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann.“
(BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 4 StR 528/15)

„Verwahrt ein Angeklagter eine solche Schreckschusspistole (hier: Gaspistole der Marke „Reck“) zusammen mit CS-Reizgas-Patronen griffbereit in seiner Wohnung, aus der heraus er die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel an Konsumenten übergibt, so ist der Tatbestand des bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln erfüllt.“
(BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 4 StR 528/15)

„1.Maßgeblich für das Mitsichführen von Schusswaffen oder sonstigen Gegenständen i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist deren Zugänglichkeit für den Täter während irgendeines Stadiums der Tatausführung.
2. Für die Beurteilung dessen hat die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt während des Handeltreibens lediglich indizielle Bedeutung.“
(BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16 )