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Vorteile und Nachteile des Strafbefehls

Das Strafbefehlsverfahren hat neben der Vermeidung einer öffentlichen Hauptverhandlung noch weitere Vorteile. 

Im Strafbefehlsverfahren wird der Angeklagte wie ein geständiger Beschuldigter behandelt, sonst wäre es nicht zu erklären, dass bei vollem Einspruch des Angeklagten das Urteil schlechter ausfallen kann als der Strafbefehl. Man spricht auch von „Verböserung“.



Ein weiterer Vorteil ist der „Verbrauch“ des Strafvorwurfs nach Rechtskraft, d.h. eine Erweiterung des Tatvorwurfs ist nicht möglich. 

Allerdings hat der Gesetzgeber speziell für das Strafbefehlsverfahren eine Wiederaufnahmemöglichkeit zu Lasten des Beschuldigten geschaffen. 

Handelt es sich um ein Verbrechen, findet § 373a StPO Anwendung. 

Das Verfahren kann unter erleichterten Voraussetzungen wieder aufgenommen werden.

Nachteile  des Strafbefehls

In den meisten Strafbefehlen wird die Höhe des Tagessatzes geschätzt und entspricht nicht den tatsächlichen Einkommensverhältnissen des Angeklagten. 

Nach Rechtskraft des Strafbefehls, der einem rechtskräftigen Urteil gleichkommt, kann der Verurteilte im Falle der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr auf seine geänderten Einkommensverhältnisse verweisen.



Ein Richter prüft vor der Vollstreckung nicht noch einmal in einer mündlichen Verhandlung vor Gericht, ob das Urteil vollstreckt werden kann.

In anderen europäischen Ländern, z.B. Schweden, gibt es eine gerichtliche Überprüfung.

 Selbst wenn der Verurteilte nachweisen kann, dass sein Einkommen zum Zeitpunkt der Zustellung des Strafbefehls wesentlich niedriger war, die Schätzung also falsch war, wird er nicht angehört.



Es gibt zwar die Möglichkeit, die Strafe durch Arbeit abzuleisten, aber diese Arbeit kommt meines Erachtens einer Zwangsarbeit gleich und wäre verfassungswidrig.

An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt die Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. (§ 43 StGB)

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am 21.12.2022 einen Referentenentwurf zur Änderung des Sanktionenrechts vorgelegt. Der Entwurf sieht unter anderem eine Änderung der Umrechnungsskala von Geldstrafe in Ersatzfreiheitsstrafe vor: Statt bisher einem Tagessatz sollen künftig zwei Tagessätze einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen (Umrechnung 2:1).



Im Vergleich zu anderen Ländern (z.B. Schweiz) ist die Möglichkeit, eine Geldstrafe zur Bewährung auszusetzen, in Deutschland eher selten. 

Man kennt nur das Rechtsinstitut der Verwarnung mit Strafvorbehalt. 



Die Forderung der Strafverteidigervereinigung ist daher, bei der Verhängung von Geldstrafen über 90 Tagessätzen einen Pflichtverteidiger oder eine Pflichtverteidigerin beizuordnen, um den Verurteilten in diesem Bereich ein faires Verfahren garantieren zu können.




Die Belehrung am Ende des Strafbefehls ist ein großes Problem.

Die Sprache ist nicht einfach.




Welches intellektuelle Niveau kann man von einem Angeklagten erwarten? 




Was können wir von einem ausländischen Beschuldigten, der aus einem anderen Kulturkreis/Rechtskreis kommt, erwarten, wie er die Übersetzung versteht? 




Es müsste sozusagen ein Text (erfunden) werden, der alle Rechte in einfacher Sprache beleuchtet und der am Anfang des Strafbefehls stehen sollte und nicht am Ende.




Ein Ansatz wäre, in der Belehrung auch speziell die Probleme bei der Zustellung des Strafbefehls zu erläutern. 


Mit den modernen Medien des Internets kann diese Problematik hinreichend erläutert werden.



Bei Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, könnte ohne Hinzuziehung eines Rechtskundigen darauf hingewiesen werden, dass auch nach Ablauf der Zweiwochenfrist noch Einspruch eingelegt werden kann.




Ein weiteres Problem im Strafbefehlsverfahren ist, dass bei ausländischen Beschuldigten, wenn die Sprachkenntnisse des Beschuldigten nicht bekannt sind, immer von der Kenntnis der deutschen Sprache ausgegangen wird, so dass häufig ohne Übersetzung zugestellt wird.



Die Probleme lösen sich nach Rechtskraft des Strafbefehls in der Haft – bei Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe – nicht unbedingt auf. 



Denn ein Fall der notwendigen Verteidigung wird nach Rechtskraft des Urteils verneint, weil es sich um eine reine strafvollstreckungsrechtliche Angelegenheit handelt.